Geiselstein, 1884m, Ammergauer Alpen; Normalweg (16. September 2018)

Die erste Anfrage kam von Charles Martin aus USA, Phönix, Arizona. Er mailte mir schon im Sommer, dass er bei dieser Tour mitkommen möchte „falls no a Platzerl frei is“. „Natürlich, Charles!“ schrieb ich zurück,“für Dich immer!“ Charles ist ein ehemaliges Mitglied meiner Jugendgruppe in den 70er Jahren, mit dem ich noch etliche Klettertouren gemacht hatte, ehe er vor 30 Jahren etwa, wieder in die Staaten zurückging. Vor sechs Jahren war er das letzte Mal zu Besuch, wo wir bei ganz besonders guten Bedingungen den Westl. Geierkopf als Skitour gingen. Das war die erste Anmeldung. Angelika Paege sagte mir „Da komm ik ooch mit, wa !?“ Ich weiß nicht, ist das eine Frage oder eine klare Ansage. „Ja gern“. Mit Angelika und Anderl bin ich in einer Vollmondnacht über die Breitgrießkarspitze im Karwendel geklettert. Den Willi M.K. musste ich noch etwas überzeugen, dass er das kann, und dass ich gut auf alle aufpassen werde. So war meine Crew komplett. Schade, dass ich auf Dieter verzichten musste, da er am Sonntag bei „Starnberg bewegt“ für den AV dabei war – am beabsichtigten Samstag war Schlechtwetter. In Halblech gings mit dem Radl los, bis kurz vor den Wankerfleck, wo Angelika auf uns wartete - sie ist eine starke Bergradlerin geworden. Über die Stauseebrücke zum Ende der Weide, und zu Fuß weiter über schönen Ahornbestand unter der plattigen Nordwand des Geiselsteins stiegen wir hinauf zur Judenscharte. Bestes sonniges Wetter – wenig los – prima! Nach der Rast gingen wir mit Helm hinüber zum Einstieg. Hinauf gingen wir ohne Seil; Charles war der Schlussmann. Angelika und Willi, klettersteiggeübt, kraxelten geschickt und nahmen Hinweise positiv an. Allein genossen wir unsere Gipfelstunde.Vorsichtig querten wir über die ausgesetzte Stelle hinüber zum Abstieg. Ich ließ meine Gefährten gesichert die 2 Seillängen abklettern - es gibt Abseilringe. Auch hier gab es keine Behinderung; ich hatte davor schon etwas Bedenken. An der Scharte fragte ich meine Begleiter, ob sie den Aufstiegsweg zurückgehen wollen, oder ob sie sich noch auf ein kleines Abenteuer einlassen möchten. Sie waren für die 2. Option. Wir gingen nach Süden ein Stück den Weg entlang und verließen ihn über Gras und durch Latschen zu Bachrinnen am Fuß der sonnigen Südwand. Hier war ich schon oft gegangen; die steinigen Bachbette waren immer trocken. Heute floss ziemlich viel Wasser, trotz des trockenen Sommers. Ganz überraschend entwickelte sich unser Weg als kleines „Canyoning“- gestern hatte es geregnet! Es war nicht ganz einfach ein unfreiwilliges Bad zu vermeiden. Kurze Rast bei der netten Jägerhütte und weiter über einen kleinen Steig, der über erodierte Felsen und Wurzelstufen in einen verwunschenen Wald hinabführt. DA! - ein Prachtexemplar von Steinpilz! Ich wollte ihn nicht mitnehmen; meine Vorratsspeicher waren alle voll – nur ein Foto. Angelika, ganz ungewohnt schüchtern: „Darf ich ihn mitnehmen?“ „Du darfst – aber Du musst ihn heute noch sauber machen, am Besten essen“. Gut gepolstert im Rucksack durfte er mit absteigen. Der Pfad führt durch eine kleine Wildnis, entlang einer Felswand, neben einem Wasserfall, über bemooste Baumstämme und Felsblöcke hinunter zum Bach, der die Weide begrenzt. Nach dessen Überquerung sind wir in zehn Minuten bei den Rädern. Aufgesattelt, den Bergweg vorsichtig hinab, über die Staumauer hinauf zum Fahrweg, Rückblick zum steil aufragenden Gipfel. Dann in voller Fahrt, mit heißen Reifen hinunter zum Auto. Glücklich begossen wir beim „Adler“ die gelungene Tour. Zehn Tage später wird mir gesagt, dass sich Teilnehmer begeistert über unsere Tour geäußert haben. Auch der Charles hat mir aus USA geschrieben – kann man mehr Dank erhalten? Mein größtes Geschenk ist die Freude, die ich meinen Freunden vermitteln konnte. Heinz O.